Thursday, September 07, 2006

Das Licht in der Ferne



Aus der Ferne I Thomas Arslan, D 2006

Wie ein Bleistift benutzt Arslan die Kamera als kommentarlose Notiz seiner Reise ohne dabei wirklich selbst zu registrieren, was er da sieht. Rekonstruktion einer Vergangenheit in Abwesenheit von genau dieser. Ohne Bestimmung, ohne Ziel. Das mag eine schöne Zeit gewesen sein, beobachtend auf den Märkten zu verweilen, ruhend im Gewühl der Zeit an der Grenze zum Orient. An einem Ort wo so viel passiert, mit dem Arslan so viel verbindet. Der Zuschauer allein mit einem Blick, der fremd bleibt, aus der Ferne einer undurchdringlichen Position. Abgestellt im Trubel. Soviel Masse in Abwesenheit von allem.

Die Kamera verliert dabei scheinbar jegliche Führung, verharrt starr beobachtend. Ortswechsel. Szenenwechsel. Themenwechsel. Kinder spielen auf der Straße. Ein T-Shirt Träger zerschneidet zerhacktes, blutendes Fleisch, nachdem er uns zuvor tief in die Augen sah. Schöne Farben. Alles ist da im Bild. Irgendwo in der Ferne. Doch fern bleibt eben das, was wir nah haben wollen. Der Mangel breitet sich aus und zieht sich durch die Beobachtungen, wie die schnell vorbeieilenden Brüche der Nichtnarration. Doch genau diese ist es, die nun die zu füllende Lücke langsam zu kitten beginnt. Unser Schrei nach ihr verklingt, als wir erkennen, dass da doch was ist. Assoziationen setzen ein. Bilder verwischen, werden nur noch bruchhaft wahrgenommen und mit neuen Bildern verbunden, die sich eigentlich gar nicht auf der Leinwand finden lassen. Verknüpfungen bilden neue Ketten, bilden Konglomerate einer Narration inmitten der Nichtnarration. Der Zuschauer allein. Und plötzlich beginnt er zu arbeiten. Doch ohne Kontinuität. Denn dann beginnt wieder alles zu klaffen. Ich blicke wieder auf die Leinwand. Und weiß wieder einmal nicht wohin.

Im Hotelzimmer berichtet Arslan von einem Poetiker-Schreibtisch aus mit Brille und Moleskinheft frappierend arrangiert über Ziel und Richtung. Ganz allein bleiben wir also doch nicht. Berichtet wird. Und auch eine Tante sagt, wie alles gewesen sei. Die außen stehende Sichtweise wird so ehrlich fortgesetzt. Führt uns weiter in seiner Reise, die ein uns immer mehr erdrückt. Sein Blick zeigt seine Welt als filmisches Bilderalbum unbewegend aneinandergereiht. Ein Reisebericht, der nachträglich chronologisch zusammengestellt, sich seinen Gegensätzen von dichter Großstadt, lebendigen Alltag und kargem Land in einer beliebigen Schön-Bilder Folge verliert, der in seiner Beharrlichkeit einer Postkartenmontage inszeniert, aufeinander folgende und nicht organisierte Aufzählungen, dicht aneinander drängt. Und dabei immer mehr abdrängt. Eine Kontinuität wäre wünschenswert. Verbindungen so sehr gebraucht. Doch sie bleiben abgegrenzt. Von Westen nach Osten den Blick aus dem Fenster gerichtet in eine Kultur, die eigentlich die seine ist, er doch außen bleibt und ich eigentlich gar nicht dabei bin. Ein Film für Arslan.

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