Sehnsucht I Valeska Griesebach, D 2006
Die Sehnsucht in der Ferne nach einer Nähe, die es ganz nah einfach nicht mehr gibt. Wenn man sich kennt und dabei zu sehr kennt, gibt es einfach nichts mehr, was man kennen lernen kann. Und dann kann es einfach aufhören, das zu sein, was man kennt. Die Sehnsucht nach dem was da einmal war in der Suche nach dem was noch kommen kann.
Mit geschlossenen Augen und weit ausgestreckten Armen tanzt Markus auf dem Feuerwehball. In die Musik eintauchend fühlt er nach einer Freiheit, die eigentlich doch gar nicht die seine ist, findet sich wieder in neuen Bewegungsräumen, in denen die Worte nur irgendwo verweilen, kein Platz mehr für ganze Sätze bleibt und keine Zeit für Kaffee. Nachdem wir ganz nah an ihm waren, sein Körper ganz nah an seinem, weckt uns ein fahler Lichtstrahl im Bruch von Ton und Bild. Mit uns im Rücken wacht er allein auf, allein im neuen Raum ohne zu orten, wohin er die Nacht getanzt ist. Alles scheint weit weg: Seine Frau, die Frau von letzter Nacht, die letzte Nacht und auch die Nähe. Und so muss er weiter. Aus dem rosengebetteten Heim zurück im Feuerwehrkombinat vertrauter Gemeinsamkeiten und verirrter Sehnsüchte. Der Bruch im Schnitt bleibt als Bruch im Kopf. Bleibt, wenn er wieder seiner Frau begegnet. „Hallo fremder Mann….!“. Ella ist keine Rose. Und sie kann wohl auch nicht mehr blühen. Zumindest nicht mit Markus. Denn der kann noch nicht einmal Hasen töten. Er kann sich nicht lösen und will auch weit weg. Und weiß auch gar nicht was er will. Im Zwischen vom Mittendrin bleibt er hängen, schleift in scheinbaren Nähen, die näher sind als die anderen und verharrt in Gefühlen, die weiter weg sind als die Blicke.
Ella will, dass sie sich ansehen, wenn sie sich küssen. Und dass sie reden, wenn sie miteinander schlafen. Eben nicht schlafen, sondern wach bleiben, die Augen auf und dabei ganz nah zusammen. Doch schön fühlt er sich nur mit Rose, bleibt hier, auch wenn er gar nicht weiß, wo das so genau ist. Bleibt immer näher und weiß dann doch, dass diese Nähe eigentlich das Weite ist von dem wo er ist. Und dann wird es langsam schwarz.
Erstarrt von der Nähe seiner Sehnsucht, vom Hier seiner Ferne, bleibt auch dieses Schwarz als Bruch. Und er kann sich nicht ändern. Und will aber eigentlich alles. Und dann ist da wieder der Hase. Doch er kann keine Hasen töten. Dann lieber sich selbst. So weit weg kann er es nicht aushalten.
Bäume rauschen und Sträucher wehen im Wind. Kinder spielen auf einer roten Rutsche. Und da nun einfach kein Ende möglich ist, lauschen wir einem möglichen Ende in der Nacherzählung der Kinderrunde. Ein Epilog, der die Nähe nah sein lässt, der möglich macht, dass es möglich ist. In Sehnsucht nach einem Ende dieser Brüche der Nähen. Und dass wir alle keine Hasen sind, auch wenn wir sie nicht töten wollen.
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